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gbr LINKger Appendix M: Die Social-Media-Policy der FEI – eine Analyse von Viktoria Auracher 

Was darf man über den eigenen Sport öffentlich sagen – und was besser nicht?

Kaum ein anderer olympischer Sport regelt die Worte seiner Beteiligten so präzise wie der Pferdesport seit Anfang 2025. Die neue Social Media Policy der FEI will Respekt sichern – doch ihre Grenzen könnten Diskussionen über Tierwohl und Transparenz stärker treffen als gedacht.

Was darf man über den eigenen Sport öffentlich sagen – und was besser nicht?

Seit dem 1. Januar 2025 hat die Fédération Équestre Internationale (FEI) ein neues Regelwerk für den digitalen Raum aufgeschlagen.
In Appendix M der General Regulations steht, wie sich alle FEI-Beteiligten – Athleten, Offizielle, akkreditierte Personen und Support-Personal – online äußern dürfen und wo die Grenzen liegen.
Die FEI begründet die Policy mit dem Wunsch, Hassrede und persönliche Angriffe einzudämmen und einen respektvollen Diskurs zu fördern – ein legitimes Ziel. Heikel wird es jedoch dort, wo Schutz und Einschränkung ineinander übergehen.

Appendix M ist kein harmloser Leitfaden.
Es ist ein Dokument, das tief in Fragen von Kommunikation, Transparenz und Macht greift. Und es ist ein Prüfstein für die Zukunft des Sports: für Glaubwürdigkeit,
gesellschaftliche Akzeptanz – und seinen Platz bei Olympia.
Das Regelwerk beschreibt detailliert, was von Reitern, Offiziellen, Trainern und Veranstaltern erwartet wird: ein verantwortlicher Gebrauch von Sprache, Respekt, der
Schutz von Privatsphäre und der sorgfältige Umgang mit Fakten.

„Derogatory, offensive or inflammatory comments“ sind untersagt; Verstöße können Verwarnungen, Geldbußen oder Sperren nach sich ziehen, in ernsten Fällen
entscheidet das FEI-Tribunal.

So wird Social Media Teil des offiziellen Spielfelds – ein Raum, dessen Regeln von der Verbandszentrale gesetzt werden.
Besonders aufschlussreich ist Punkt 10 „Reporting Violations“. Wer einen Regelverstoß sieht, soll ihn der FEI melden; es sei die „kollektive Verantwortung“ aller
Beteiligten, ein respektvolles Online-Umfeld zu wahren.

Es ist die Idee gemeinsamer Verantwortung – die jedoch jeden zum Beobachter macht.
Manch einer könnte sich beim ersten Lesen an Systeme erinnert fühlen, in denen
soziale Kontrolle Teil der Ordnung war – das birgt eine heikle Note auch wenn es hier um einen völlig anderen Kontext gehen mag.
Und es wirft die Frage auf, ob dadurch berechtigte Stimmen verstummen, weil das Risiko zu hoch erscheint.

Unklar bleibt zudem, wie weit die Verantwortung eines Athleten für das digitale Verhalten seines Umfelds reicht.

Appendix M nennt neben Pferdesportlern auch „Support Personnel“ – Trainer, Besitzer, Pfleger
– als Adressaten.

Damit kann, zumindest in der Theorie, selbst ein Kommentar eines nahestehenden Menschen zum Prüfstein für den Reiter werden. Schon die Vorstellung, dass ein unbedachter Post eines Besitzers oder Social-Media-Managers Sanktionen auslösen könnte, zeigt, wie tief die Regeln in private Sphären eingreifen könnten.

Die Gefahr, dass Vorsicht in Schweigen mündet, liegt nahe.

So präzise Appendix M den Ton zwischen Menschen regelt, so auffällig ist, was fehlt:
das Pferd.

Dabei sind es gerade Bilder und Videos aus Training, Abreiteplätzen oder Turnierarenen, die die drängendsten Fragen aufwerfen: Wie wird mit den Pferden umgegangen, wo beginnt oder endet Ethik?

Für einen Sport, der seine Glaubwürdigkeit und seine olympische Zukunft sichern will, der geradezu um seine Legitimität kämpfen muss, müsste das Tierwohl im Zentrum stehen – auch in einer Richtlinie, die Kommunikation ordnet.

Dass Appendix M diesen Aspekt ausspart, offenbart eine zentrale Lücke.

Andere große Sportverbände setzen andere Akzente.

Die Social-Media-Guidelines des IOC für Paris 2024 schützen Markenrechte und fordern Respekt, verbieten jedoch nicht, Kritik an Organisation oder Wettkämpfen zu äußern, solange sie sachlich bleibt. Auch die FIFA konzentriert sich darauf, Hassrede und Beleidigungen einzudämmen; sie betreibt sogar einen „Social Media Protection Service“, der Spieler und Offizielle vor digitalem Missbrauch schützt – ohne Diskussionen über Regeln oder Organisation zu
unterdrücken.

Während IOC und FIFA Social-Media-Verstöße über ihre allgemeinen Disziplinarregeln behandeln – ohne festen Strafenkatalog –, stuft die FEI sie ausdrücklich als „Minor Offences“ ein: mit Verwarnungen, Geldbußen oder Sperren. Im Ernstfall kann ein Fall
sogar vor das FEI-Tribunal kommen.

Im Vergleich scheint Appendix M weniger als Schutzschild gegen Missbrauch, sondern eher als Regelwerk, das vorgibt, wie weit Debatten reichen dürfen.

In Demokratien gehört das Grundrecht der Meinungsfreiheit zu den tragenden Säulen – das gilt auch für den Sport.

Sie schützt nicht jede Aussage, wohl aber die Möglichkeit, unbequeme Kritik äußern zu können. Wenn ein Regelwerk diese Freiheit faktisch einschränkt, weil niemand sicher weiß, wann ein Post als „inflammatorisch“ gilt, entsteht ein Klima der Vorsicht.

Hier geht es nicht um Nebensächlichkeiten, sondern um Transparenz, Macht und die öffentliche Akzeptanz eines olympischen Sports.
Dürfen Pferdesportler oder Trainer künftig nicht einmal mehr einen sorgfältig recherchierten aber kritischen Artikel auf ihren eigenen Profilen teilen, ohne Sanktionen zu riskieren?

Und ebenso wichtig: Wenn alle, die akkreditiert sind, denselben Regeln unterliegen –gilt das dann auch für Journalisten?

In welchem Verhältnis steht das zur Pressefreiheit?

Wer bleibt dann noch, der frei sprechen kann?

Eine Suche in den General Regulations nach einer Sonderregel für Medien blieb ohne Ergebnis. Auch ergänzende Dokumente – „Non-Rights Holders’ Guidelines“ oder
„Media Operations Guide“ – regeln nur praktische Fragen wie Foto- und Videorechte.
Einen klaren Passus, der journalistische Arbeit von möglichen Sanktionen nach Appendix M ausnimmt, gibt es nicht.

Selbst akkreditierte Reporter erscheinen damit – zumindest theoretisch – als Teil jenes Kreises, der sich an die Social-Media-Policy halten muss und bei einem Verstoß
Sanktionen riskieren könnte.

Der Pferdesport steht unter besonderem Druck.

In der öffentlichen Debatte über Tierwohl, Transparenz und Fairness entscheidet sich, ob Dressur, Springen und Vielseitigkeit ihren Platz bei den Olympischen Spielen behalten.

Das IOC überprüft regelmäßig, ob Disziplinen den Wertekanon der Olympischen Charta glaubwürdig leben – dazu gehören ethische Standards ebenso wie der Respekt vor Grundrechten wie Meinungs- und Pressefreiheit.

Vor diesem Hintergrund ist die Social-Media-Policy kein Randdetail: Sie beeinflusst, wie sichtbar Missstände werden, wie offen Beteiligte sprechen können – und damit, wie glaubwürdig sich der Sport präsentiert, wenn es um seine Legitimität auf der olympischen Bühne geht.

Nach aller Recherche bleiben entscheidende Fragen offen. Kann es wirklich sein, dass unter all den Reitern und Offiziellen niemand sieht, dass nicht alles optimal läuft, dass sich Strukturen ändern sollten?

Es ist gesellschaftlich kaum vorstellbar, dass hundert Prozent der Beteiligten die Sicht der FEI vorbehaltlos teilen – während gleichzeitig in Medien und Fachkreisen wiederholt Bilder und Videos dokumentiert wurden: blaue Zungen, angespannte Mimik, Szenen vom Abreiteplatz, die Fragen nach Ethik und Verantwortung aufwerfen.

Verstummt Kritik, weil niemand wagt, sie zu äußern?
Der Pferdesport braucht klare Standards gegen Hass und Respektlosigkeit – doch ebenso Räume, in denen Verantwortung laut werden darf. Nur wenn Kritik möglich ist und das Tierwohl im Mittelpunkt steht, kann der Verband zeigen, dass Werte wie Fairness und Transparenz mehr sind als Schlagworte.

Vertrauen entsteht nicht aus Schweigen, sondern aus dem Mut, Fragen zu stellen – und aus Organisationen, die bereit sind, Antworten zu geben. Erst dann beweist der Pferdesport, dass er seine Grundwerte ernst nimmt und den Platz verdient, den er bei Olympia und in der Gesellschaft behaupten will.

Viktoria Auracher – R-haltenswert

Quellen und weiterführende Dokumente
• Fédération Équestre Internationale (FEI): General Regulations, 24th Edition, Appendix M – FEI Social Media Policy (gültig ab 1. Januar 2025).
• FEI Social Media Policy – FAQ: https://inside.fei.org/sites/default/files/FEI%20Social%20Media%20Policy%20-
%20FAQ_0.pdf
• International Olympic Committee (IOC): Social & Digital Media Guidelines, Paris 2024.
• FIFA: Social Media Protection Service und Disciplinary Code, Fassung 2024.
• Dyson, S. et al. (2018–2023): Ridden Horse Pain Ethogram.
• IOC – Olympic Programme Commission: Evaluation Criteria.
• FEI: Non-Rights Holders’ Guidelines for Publishing on Social Media at FEI Named Events (2024).
• FEI: Media Operations Guide for Event Organisers (aktuell über die Knowledge Base abrufbar).

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