gbr LINK | Gedanken zum Pferd und den Kutschen im Fahrsport… von Martha Hanks-Nicoll & Richard Nicoll | USA - Retired FEI Officials

Ende der 1960er Jahre wurden die ersten Regeln für unseren Fahrsport niedergeschrieben. Die Teilnehmer fuhren zu dieser Zeit größtenteils mit ursprünglichen Traditionskutschen. Ab 1972 wurden die Regeln spezifischer, und beinhalteten unter anderem Bestimmungen hinsichtlich der Gewichte und Abmessungen der Kutschen.

Werfen wir als Beispiel einen Blick auf die allgemeinen Bestimmungen für den Marathon.

Die FEI-Regeln von 1972 bezüglich des Marathons, Art. 924.1, besagten: Der Zweck von Abschnitt B – dem Marathon – ist es, den Fitness- und Ausdauerstandard der Pferde zu testen und die Fähigkeit des Fahrers bezüglich Tempo und Horsemanship abzufragen.

Die FEI-Regeln 2023 haben sich seit 1972 in Artikel 959 nicht wesentlich geändert: „Das Ziel des Marathons ist es, die Fitness, Ausdauer und das Training der Pferde, sowie das Fahrgeschick und den allgemeinen Umgang des Athleten mit seinen Pferden zu testen.

Die Realität zeigt jedoch, dass ein Vergleich der Regeln von 1972, die den Marathon näher beschrieben, mit der aktuellen Spezifikationen von 2023 für den aktuellen Marathon, basierend auf die Entwicklung des Sports, stark voneinander abweichen.

Folgend Gedanken, und ein paar Vergleiche, die zum Nachdenken und zur Diskussion darüber anregen sollen, wohin sich der Fahrsport entwickelt.

(FEI 1972) Art. 925 Die Marathonstrecke

  1. Die Strecke darf nicht kürzer als 24 km sein und nicht länger als 32 km (19,8 Meilen, auf Straßen und Strecken, die geländetypisch für das Land, in dem der Wettbewerb stattfindet, sind. Ein solche Strecke soll Tore, enge Kurven und ähnliche Naturbedingungen beinhalten, um die Fähigkeiten des Teilnehmers und den Gehorsam der Pferde zu testen. Sollte das vorhandene Gelände keine derartigen Hindernisse bieten, sollten die Organisatoren ähnliche geeignete Hindernisse errichten.

Somit haben wir hier die erste Erwähnung dessen, zu der Entwicklung hin, was wir jetzt Hindernisse nennen. Eine weitere wichtige Abweichung besteht darin, dass es bei diesen „Hindernissen“ keine explizite Zeitnehmung gab, sondern nur die jeweiligen Gesamtzeit für die einzelnen Phasen im Marathon.

Die folgende Tabelle beschreibt die Distanzen, das Tempo, die Durchschnittsgeschwindigkeit für die Phasen, und die Minuten pro Kilometer für jeden der fünf Phasen, aus denen der Marathon bestand.

Phasen

Distanz

Gangart

Durchschnittsgeschwindigkeit

Zeit pro km

A

8-13 km

TRAB

14 km/h

  4 min 18 sec

B

800-1200 m

SCHRITT

  7 km/h

  8 min 35 sec

C

5-8 km

SCHNELLTRAB

15 km/h

  4 min

D

800-1200 m

SCHRITT

  6 km/h

10 min

E

8-11 km

TRAB

12 km/h

  5 min

 

 

 

 

Bei Kontinental- und Weltmeisterschaften konnten die Organisatoren die Länge der Strecke auf 43 km (26,1 Meilen) erhöhen.

Wie unterschiedlich zu unseren aktuellen Wettbewerben!

Der Marathon war ein Test für Ausdauer, Fahrkönnen und Tempo. Heute  ist der Marathon auf die Phase B mit den 7-8 Hindernissen reduziert.  Fitness der Pferde hat weniger Gewicht, und Geschwindigkeit in den Hindernissen ist der bestimmende Faktor.

In dem FEI-Regelbuch von 1972 betrug die Breite der Kutschen 160 cm (absichtlich für Vier- und Zweispänner ausgelegt).

In den Regeln von 1972 hieß es in Artikel 904.3: Die äußere Spurweite des breitesten Radpaares darf nicht größer als 160 Zentimeter sein (63 Zoll).

Und 904.4 besagte, dass der Wagen mindestens 500 Kilogramm (1102 Pfund) wiegen musste.

Dies galt für alle 3 Turnierbewerbe der Fahrsport-Vielseitigkeit - Dressur, Marathon und Hindernisfahren. Da in den Hindernissen keine explizite Zeitmessung gemacht wurde, und kein Tempo für die definierten Geschwindigkeiten festlegt wurde, war Galopp in den Hindernissen nicht zu sehen. 

Im Laufe der Zeit hat es sich entwickelt, dass die meisten Hindernisse jetzt speziell entworfen und gebaut wurdenDie Regeln begannen, Abmessungen innerhalb der Hindernisse festzulegen, wie z. B. eine Breite von 2,5 m, wie wir sie heute im Fahrsport sehen.

Heute haben wir die Maße der Kutschen in Dressur und Marathon mit minimalen Kutschenbreiten festgelegt.

Dressurkutsche: Vierspänner Pferde 158 cm, Zweispänner Pferde 148 cm. usw.

Marathonwagen: 125 cm, für Vier-, Zwei- und Einspänner, Pferde wie Ponys

Wie ist die Situation 2023:

Die Maße der Dressurkutschen basieren immer noch auf traditionelle Kutschen.

Woran orientieren sich die Dimensionen der Marathonwagen?

Basiert die Messung auf den schmalsten Abstand, mit der man sicher Pferde durch die Hindernisweite von 2,5 fahren kann?

Oder ist es eine Breite für alle Anspannungen, um Allen die gleichen Chancen zu geben?  Was hat man sich dabei in Bezug auf die Pferde gedacht?

Als die ersten Breiten für Marathonwägen definiert wurden, gab es keine Lenkverzögerung, und die Parcoursbauer gaben hauptsächlich Durchfahrten in 2,5m Abstand vor. Jetzt aktuell sind 3m Abstände in den Hindernissen eher die Norm. Mit Einzug der Lenkverzögerung in den modernen Fahrsport, und der daraus resultierenden Vereinfachung bezüglich Genauigkeit und exaktem Fahren stiegen auch die Geschwindigkeiten.

Jetzt haben wir die Indoorserie für Vierspänner. Marathonwägen werden dabei mit sehr hohen Geschwindigkeiten gefahren. Es ist zu beobachten, dass die Stangenpferde im Galopp nicht ausreichend Platz haben, um ihre Beine in der Wendungs-Außenseite frei zu bewegen zu können. Die Breite der Wägen gibt uns die Breite zwischen den Zugsträngen vor. (mindestens 55 cm -21,6 Zoll)

Die Abmessungen scheinen ziemlich willkürlich und veraltet zu sein, wenn man bedenkt, wohin sich der Sport heute entwickelt hat, und wohin er sich weiterzuentwickeln scheint.

Ist es nicht an der Zeit, darüber nachzudenken, was wir vom Pferd verlangen?

Wenn wir ständig die Schnellsten belohnen wollen, müssen wir unsere Ausrüstung dann nicht so gestalten, dass das Pferd die Freiheit hat, sich im Galopp leicht zu bewegen?

Diejenigen, die die Royal Windsor Horse Show besuchen, haben vielleicht die Kings Troop Royal Horse Artillery in ihrer Aufführung mit 6 Pferden gesehen, die im vollen Galopp Kanone und Limber (der Limber ist ein einachsiger Karren, der zum Transport eines Geschützes genutzt wird) ziehen. 

Die Stangenpferde werden mit langen Strängen und großzügig dimensionierten Aufhaltern oder einem sehr breiten Joch sehr weit angespannt, wohl wissend, dass die Arbeit, die diese Pferde verrichten müssen, auf dem Gleichgewicht und der Bewegungsfreiheit beim Galoppieren beruht, insbesondere auf unebenem Boden oder in engen Wendungen.

Die Maße, die wir derzeit haben, scheinen jetzt für die Ponys und Einspänner zu passen.

Aber sind die aktuellen Maße für die Stangenpferde im Vierspänner und auch die bei den Zweispännern noch pferdegerecht- und auch pferdefreundlich?

Es ist Zeit für praktisches Nachdenken, ob einige der relevanten FEI-Regeln die Entwicklung des Fahrsports und die Auswirkungen auf das Pferd ausreichend berücksichtigen. Es wäre wertvoll, einen Schritt zurückzutreten, und es philosophisch zu betrachten, woher der Sport kommt und wohin er geht.

Was sind die Ziele und Erwartungen an unsere Pferde und Teilnehmer?

 

Martha Hanks-Nicoll USA – ret. FEI Judge Level 4

  Course Director: Judges

 

Richard Nicoll USA – ret. FEI Course Designer & Technical Delegate Level 4

  Course Director: ret. Course Designers & Technical Delegates

  Chairman des FEI Driving Committees 2001 – 2011

  Member FEI Honorary Board

 

Wie bedanken uns bei Martha Hanks-Nicoll & Richard Nicoll für diesen Gastbeitrag.

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